Was bedeutet Biohacking für die Zukunft?

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Biohacking, bei dem Mensch und Maschine zu einem Übermenschen verschmolzen werden, gewinnt an Anhängern. Was bedeutet das für die Zukunft?


Science-Fiction-Filme sind in der Regel futuristische Fantasien, in denen die Grenze zwischen Mensch und Maschine verschwimmt. Technologie ist darin eine Art Allheilmittel, mit dem sich jedes Problem beheben lässt. Man werfe wild mit mehr oder weniger realistisch klingendem IT-Jargon um sich und schon sind alle Probleme gelöst – ob medizinisch oder anderweitig.

Biohacking, bei dem Mensch und Maschine zu einem übermenschlichen Wesen verschmolzen werden, ist besonders populär.

Mit dem Konzept des Biohacking halten Zukunftsversionen aus dem Reich der Science Fiction Einzug in die Realität, denn eine wachsende Community setzt alles daran, künstlich in die natürliche Evolution einzugreifen. Biohacker möchten in Körper und Geist eingreifen und wissenschaftliche und technologischen Errungenschaften nutzen, um die menschliche Biomasse mit ihren naturgegebenen Beschränkungen von ihren Fesseln zu befreien.

Das wirft ethische Fragen auf. Es sei jedoch daran erinnert, dass es in der Regel Freiwillige sind, die beim Biohacking den Selbstversuch wagen. Einige Biohacker, auch "Grinder" genannt, haben im Namen des Fortschritts in der heimischen Küche oder in provisorisch eingerichteten Laboren invasive chirurgische Eingriffe durchgeführt.

Jemand, der sich einen Computerchip in den Arm implantiert, hätte vielleicht vor einiger Zeit noch die Schlagzeilen beherrscht, doch mit der zunehmenden Verbreitung von Biohacking sind solche Neuigkeiten inzwischen an der Tagesordnung. Noch mag es sich um eine Untergrundbewegung handeln. Doch schon in 50 Jahren könnte Biohacking in der Mitte der Gesellschaft angekommen sein.

Während Biohacker neue Ideen testen, finden einige der bereits erforschten Konzepte ihren Weg in die Mainstream-Kultur. In Zeiten, in denen niemand ohne Handy das Haus verlässt, erscheint der Gedanke, einen Computer unter der Haut zu tragen, nicht mehr ganz so gruselig wie früher.

Was ist zu erwarten von einer Zukunft, in der Biohacker die menschlichen Grenzen immer weiter ausdehnen, und wie wird sich dies auf unser tägliches Leben auswirken?

Technologie, die unter die Haut geht

Die Technologie könnte sich durchaus dahin entwickeln, dass wir bald Chips auf – oder auch in – der Schulter tragen. Es gibt bereits Personen, die mithilfe solcher Implantate direkt mit ihrer technologischen Umgebung interagieren.

Ein winziger RFID-Chip (Radio-Frequency Identification) lässt sich leicht unter die Haut implantieren – und schon ist ein waschechter Cyborg geboren. Da diese Chips nur wenig größer als ein Reiskorn sind, ist der Eingriff relativ unkompliziert und dauert nur einige Sekunden.

In einem Experiment hat das schwedische Unternehmen Epicenter bereits den eigenen Mitarbeitern Chips eingepflanzt, um diese Technologie zu erforschen. Der Chip funktioniert wie eine Schlüsselkarte. Er regelt beispielsweise den Zugang zu beschränkten Bereichen oder die Verwendung von anderen Geräten wie Kopierern.

Der Gedanke, Mikrochips unter der Haut zu tragen, hat etwas Beunruhigendes. Doch es besteht kein Anlass, gleich im Geiste einer Orwellschen Dystopie unsere Versklavung durch Technologie heraufzubeschwören. 

Mithilfe von RFID-Chips könnten Sie beispielsweise sicherstellen, dass nur Sie Zugang zu Ihrem Telefon, Heim oder Auto haben. Die Chips könnten auch PIN-Codes ersetzen und als Alternative zu biometrischen Verfahren wie Fingerabdruck- oder Netzhaut-Scans eingesetzt werden.

Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Ortung und Überwachung. Die Technologie könnte beispielsweise verwendet werden, um den Aufenthaltsort von Vermissten oder unter Beobachtung stehenden Personen, etwa solche, die vor kurzem aus der Haft entlassen wurden, zu ermitteln.

Biotechnologie als Superhelden-Schmiede

Je besser wir Wissenschaft und Natur zu verstehen lernen, desto eher sind wir in der Lage, die Grenzen unserer intellektuellen und biologischen Disposition zu überwinden. Stellen Sie sich vor, Sie hätten übermenschliche Fähigkeiten oder Kräfte wie die X-Men!

Ein aktuelles Beispiel, das zeigt, wie Biotechnologie eingesetzt werden kann, um unsere Sinne zu erweitern, ist die Entwicklung von Nachtsicht-Augentropfen durch Forscher von Science for the Masses, durch die ein Proband die Fähigkeit erlangte, im Dunkeln zu sehen. Die dazu verwendete Augentropfen-Tinktur enthielt eine Chemikalie, die im Körper von Tiefseefischen vorkommt. Gabriel Licinia, ein Mitglied der Gruppe, wagte den mutigen Selbstversuch.

Quelle: Science for the Masses

Zum Schutz trug er schwarze Kontaktlinsen. Und tatsächlich konnte er Personen, die sich zu nächtlicher Stunde im Wald näherten, auf 50 Meter Entfernung ausmachen. Auch kleinere Objekte in 10 Metern Entfernung konnte er erkennen. Die Wirkung hielt einige Stunden an.

Der Test beweist, dass wir unsere grundlegenden menschlichen Fähigkeiten und Sinne durch wissenschaftliche Verfahren erweitern können. Sollten Sie allerdings jemals selbst ein Rezept für Augentropfen entwickeln, raten wir dringend davon ab, es an sich selbst auszuprobieren.

Moderne Cyborgs

Cyborgs, einst Schöpfungen der Science Fiction, sind längst in der Realität angekommen.

2001 wurde Jesse Sullivan als Pionier in diesem Bereich berühmt: Nachdem er bei einem Unfall beide Arme verloren hatte, erhielt er eine bionische Armprothese. Das künstliche Körperteil, das seinen linken Arm ersetzte, war mit seinem Nervensystem verbunden, sodass er es mit den Gedanken steuern konnte. Er konnte auch die Druckstärke seines Griffs regulieren und Wärme empfinden.

Myoelektrische Armprothesen erkennen elektrische Signale, die von den Muskeln generiert werden, und leiten sie ans Gehirn des Amputierten weiter, sodass dieser die neuen Arme steuern kann. Die Bionikforschung hat sich seit der Jahrhundertwende stark weiterentwickelt.

Nigel Acklands bionischer Arm aus Kohlenstofffasern wurde bereits mit der Technologie aus den Terminator-Filmen verglichen. Ackland war einer von sieben Patienten, denen eine hoch entwickelte Prothese mit viel höherer Empfindungsfähigkeit und Kontrolle als Vorgängermodelle eingesetzt wurde.

Wissenschaftler entwickelten sogar eine empfindungsfähige Kunsthaut, damit sich die Prothesen noch realistischer anfühlen. Auf diese Weise wurde bereits ein Stoff hergestellt, über den Druck, Feuchtigkeit und Wärme wahrnehmbar sind. Damit sollen künstliche Gliedmaßen überzogen werden – ein Schritt, der nun wirklich an die Terminator-Filme erinnert.

Die Kluft zwischen Mensch und Maschine ist nicht mehr so groß wie einst. Kevin Warwick, Rektor (Forschung) an der Universität Coventry, betreibt seit fast 20 Jahren kybernetische Forschungen am eigenen Körper, was ihm den Titel "Erster Cyborg der Welt" eingebracht hat.

Erst vor Kurzem ließ er sich ein Implantat einsetzen, das mit den Mediannervfasern seines Arms verbunden ist, sodass er nun Geräte mittels Armbewegungen steuern kann. Ein ähnliches Armimplantat setzte er seiner Frau einum sich in ihr Nervensystem einklinken und ihre Empfindungen miterleben zu können.

Dieser Fall zeigt, wie schnell sich Science Fiction und Realität angesichts der bahnbrechenden Fortschritte in der Kybernetik einander annähern. Natürlich gibt es auch abschreckende Beispiele.

Der Niederländer Sander Pleij litt an chronischem Cluster-Kopfschmerz, weshalb er sich freiwillig einen Neurostimulator in den Rücken einsetzen ließ. Mit dem Metallgerät konnte er per Fernbedienung elektrische Impulse durch Drähte an sein Gehirn weitergeben.

Die Kopfschmerzen hörten zwar auf, doch Pleij litt unter schweren psychologischen Nebenwirkungen. Nachdem das Wissen um den Computer in seinem Körper bei ihm Panikattacken und Angstschübe ausgelöst hatte, ließ er das Gerät schließlich entfernen.

Leistungssteigernde Medikamente

Die meisten Menschen würden bei dem Gedanken an einen Computer, der in ihr Gehirn eindringt, wohl zurückschrecken. Was aber, wenn es eine Pille gäbe, die Sie intelligenter machte? Würden Sie sie einnehmen?

Angesichts hoher Arbeitsbelastung und voller Terminpläne überrascht es kaum, dass sich immer mehr Menschen nach einer magischen Pille sehnen, die ihnen einen Vorteil verschafft. Drogen mit unmittelbar intelligenzsteigernder Wirkung sind Gegenstand aktueller Filme und Serien wie Lucy und Limitless, doch der Tag, an dem wir durch Hirn-Doping gottähnliche Kräfte entwickeln, liegt wohl noch in weiter Ferne.

Um Smart Drugs – "intelligente Drogen" – oder Nootropika hat sich ein Markt gebildet, von dem sowohl Biohacker als auch normale Bürger fasziniert sind. Damit beschäftigt sich sogar eine eigene Unterrubrik auf Reddit (Subreddit) – ein klares Zeichen dafür, dass dieses Thema heiß diskutiert wird.

Nootropika sind Arzneimittel aus künstlichen oder natürlichen Inhaltsstoffen. Anwender berichten von positiven Auswirkungen auf die Intelligenz, das Erinnerungsvermögen oder die Effizienz. Piracetam ist das erste Medikament dieser Art. Die synthetische Substanz wurde erstmals 1964 hergestellt und steigert bei gesunden Anwendern angeblich die Hirnleistung.

Angesichts der garantierten kommerziellen Nachfrage und der ständigen Jagd der Biohacker nach "Software-Upgrades" steht wohl zu erwarten, dass leistungssteigernde Mittel in Zukunft sowohl offiziell als auch im Verborgenen erforscht werden.

Unaufhaltsame Wissenserweiterung

Biohacker testen mit ihren Versuchen unsere natürlichen Grenzen aus. Im Bestreben, den menschlichen Körper zu optimieren, setzen sie immer wieder neue Maßstäbe. Was sie im Zuge der fortschreitenden Entwicklung und Öffnung unserer Gesellschaft erst mit neuen technologischen Mitteln erreichen können, verspricht spannend zu werden.

In den letzten Jahren haben sie enorme Fortschritte gemacht – und das, obwohl sie auf recht sperrige Software und Hardware angewiesen waren. Bedenkt man, in welchem Tempo neue Technologien entwickelt werden, ist das Entwicklungspotenzial in diesem Bereich unglaublich.

Die "Knowledge Doubling Curve" (Kurve bis zur Wissensverdopplung) ist eine Theorie, die von Buckminster Fuller aufgestellt wurde, um zu messen, wie viel Zeit vergeht, bis die Menschheit ihr Wissen verdoppelt. Bis 1900 schätzte Fuller, dass es 100 Jahre dauerte. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren es dann nur noch 25 Jahre.

Jüngst wurde die Schätzung auf 13 Monate korrigiert, doch laut Russell Schilling könnte der Wert dank neuer Technologien wie des Internets der Dinge bald sogar auf 12 Stunden sinken.

Da permanent mehr Wissen hinzukommt und die Menschen in ihrem Bestreben, die eigene Evolution anzukurbeln, ununterbrochen neue Grenzen überschreiten, können wir schlichtweg nicht mehr vorhersagen, wozu wir in Zukunft fähig sein werden.

Biohacker gehen ihrer Arbeit mit furchtlosem Eifer nach. Wer weiß, wohin uns diese technologischen Pioniere führen werden? Sie mögen ihrem Handwerk in provisorischen Laboren oder der eigenen Küche nachgehen, doch man darf nicht vergessen, dass auch einige unserer größten Tech-Unternehmen einst in Garagen gegründet wurden.

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